Labor-Studie gibt Hoffnung
Aroniasaft kann SARS-CoV-2 und Grippe-Viren hemmen – der Direktsaft aus der Beere Aronia melanocarpa zeigte sich unter den im Labor getesteten Naturprodukten erstaunlich antiviral
Saft aus der Aroniabeere kann Corona-Viren (SARS-CoV-2) und Grippe-Viren im Laborversuch (in-vitro) schnell abtöten und bietet sich damit als Vorbeugung gegen entsprechende Virus-Infektionen an. Das fanden Forscher in einer Labor-Studie heraus, an der das Institut für Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Ulm, das Labor Prof. Dr. G. Enders MVZ in Stuttgart und das auf Naturheilkunde-Produktentwicklung spezialisierte Unternehmen CogniVerde GmbH Groß-Umstadt mitwirkten. Bei der Studie wurden neben dem am stärksten wirksamen Aroniasaft auch Granatapfelsaft und Grüner Tee getestet.
„Die festgestellte starke Virenhemmung von Aroniasaft ist in der Tat vielversprechend!“, sagt Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Bernhard Uehleke. Der Arzt und Wissenschaftler war Mitglied der „Kommission E“ zur Beurteilung von Phytopharmaka beim Bundesinstitut für Arzneimittel sowie u.a. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und der Ärztegesellschaft für Naturheilverfahren Berlin-Brandenburg. Uehleke wurde bereits vor Jahren aufgrund ihrer antioxidativen und auch gefäßstärkenden Eigenschaften auf die Aroniabeere als gesundes Lebensmittel aufmerksam. Er fordert seit Anfang des Jahres, dass gewisse Pflanzen auf ihre Eignung gegen SARS-CoV-2 zunächst im Labor und dann durch klinische Studien (also am Menschen) untersucht werden.
Aus der Erkenntnis, dass Aroniasaft in vitro virenhemmende und virenabtötende Eigenschaften zeigt, ergebe sich nach Meinung von Uehleke eine Plausibilität für eine Anwendung. Der Aroniasaft könnte an den Kontaktstellen vor allem im Mund-Rachenraum, an denen das Virus in die Körperzellen einzudringen versucht, das Virus inaktivieren und den Andock-Vorgang hemmen. Er leitet für eine solche lokale Wirkung folgende Empfehlungen zur Nutzung ab: „Der Saft sollte gründlich im Mundraum herum befördert werden, dann möglichst weit hinten im Rachen gegurgelt und schließlich in kleinen Schlucken getrunken werden. Durch Gurgeln, Spülen und Schlucken sind die möglichen Kontaktstellen, auf die das Virus auftrifft, benetzt und für eine gewisse, noch näher zu untersuchende Zeit verändert“, sagt der Experte.
Uehleke schätzt, dass diese lokal virenhemmende Wirkung „gute ein bis zwei Stunden“ anhalten könnte, mindestens aber so lange, wie das leicht pelzig-zusammenziehende Gefühl auf der Mundschleimhaut anhält. Nachdem die aktuelle Studie unter Laborbedingungen zwar so praxisrelevant wie möglich durchgeführt wurde (die Viren wurden mit dem Saft in ähnlicher Konzentration konfrontiert wie bei Mundspülung und Gurgeln) – aber nicht direkt an Testpersonen – seien Aussagen über den Schutz vor Infektionen von Menschen bisher nur aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen möglich. Grundsätzlich könne dieses Vorgehen auch mehrfach am Tage vor oder nach dem Einkaufen, einer Fahrt im Bus oder Kontakten am Arbeitsplatz angewendet werden. Besonders gefährdete Personengruppen wie Erzieher, Lehrer oder Gesundheitspersonal könnten den Aroniasaft häufiger einsetzen, da er als Lebensmittel problemlos vertragen werde.
Ganz konkret sollte laut Uehleke morgens direkt nach dem Aufstehen und abends direkt vor dem zu Bett gehen mit etwa 20 Millilitern (ungefähr ein Schluck) etwa eine Minute lang mit dem Aroniasaft der Mundraum kräftig gespült sowie gegurgelt werden. Wichtig sei es auch, den Saft zu schlucken, um auch die tiefen Rachenbereiche benetzen zu können, die durch Gurgeln nicht erreicht werden. Außerdem bestünde die Möglichkeit, dass bei bereits infizierten Menschen durch das Schlucken des Saftes die mit dem Speichel geschluckten Viren auch noch im Magen durch den Aroniasaft angegriffen werden könnten, falls die Magensäure dazu nicht ausreicht. Wenn abgetötete Viren im Darm ankommen, werde das darmassoziierte Immunsystem aktiv gegen diese Erreger, so Uehleke.
Laut Professor Uehleke auch ein wichtiger Aspekt: Bei Einnahme von Magensäure-Blockern (sogenannten PPI-Arzneimitteln) gelangen aufgrund des dann niedrigen Säurespiegels im Magen vermutlich gehäuft noch lebende Viren in den Darm und könnten dort eine Infektion im Magen-Darm-Bereich auslösen, bei großer Virus-Belastung vielleicht auch den gefürchteten schweren Verlauf. Daher sollten solche Personen und solche mit Anzeichen einer Magen-Darm-Infektion, laut Uehleke häufiger oder mehr Aroniasaft trinken, damit im Darm höhere Konzentrationen des Aroniasaftes erreicht werden.
Weitere Studien zur Abklärung sind notwendig
Uehleke fordert die Virologen weltweit auf, diese erste in-vitro-Studie zu bestätigen und geeignete Studien am Menschen zu beginnen, um die Wirkung dieser zusätzlichen Möglichkeit, das Virus SARS-CoV-2 an seiner Verbreitung zu behindern, zu messen. Er selbst plant, eine Beobachtungsstudie mit Testpersonen zu initiieren, um die Bedeutung der Ergebnisse der Laborstudie auf das derzeitige Infektionsgeschehen zu evaluieren. Für den Naturheilkunde-Experten kommt es in der aktuellen Situation vorerst darauf an, dass bei breiter Anwendung dieses Lebensmittels vermutlich ein weiterer Beitrag zu den übrigen Schutz- maßnamen geleistet würde und dadurch früher ein Zeitpunkt erreicht werden könnte, an dem die Restriktionen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens gelockert werden könnten.
Link zur Originalpublikation:
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.10.30.360545v1